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Kriegsschäden

Der Zwischenfall an der Grdelicka-Schlucht

Am 12. April 1999 wurden zwei Raketen auf die Eisenbahnbrücke über die Grdelicka-Schlucht abgefeuert. Ein fahrplanmäßiger Personenzug wurde von beiden Raketen getroffen. Etwa 55 Personen kamen ums Leben. Wesley Clark, Oberbefehlshaber der NATO, erklärte am 13. April unter anderem dazu:

 
 

Dies war ein Fall, wo ein Pilot die Aufgabe erhielt, eine Eisenbahnbrücke zu treffen, die Teil des integrierten Verkehrs- und Versorgungsnetzes von Serbien ist. Er schoß seine Raketen aus einem Flugzeug ab, das viele Meilen entfernt war, er war nicht in der Lage seine Augen auf die Brücke zu richten, es war ein Angriff aus größerer Entfernung. Und während er angestrengt auf den angestrebten Zielpunkt auf der Brücke starrte, und ich sprach mit der Mannschaft in Aviano, die unmittelbar an dieser Operation beteiligt war, während also der Pilot angestrengt auf den angestrebten Zielpunkt auf der Brücke starrte und ihn erfaßte, und erfaßte und erfaßte, und plötzlich im allerletzten Augenblick, weniger als eine Sekunde vor dem Abschuß, erfaßte er etwas Bewegliches, das in den Bildschirm kam, und das war der Zug der hereinkam. Leider konnte er die Bombe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr fallen lassen, sie war fixiert, sie war dabei ins Ziel zu gehen, und das war ein unglücklicher Zwischenfall, den er und die Mannschaft und alle von uns sehr bedauern. Wir wollen gewiß keinen Kollateralschaden anrichten.

   Der Auftrag war, die Brücke auszuschalten. Ihm wurde, als es geschehen war, bewußt, daß er nicht die Brücke getroffen hatte, sondern daß, was er getroffen hatte, der Zug war. Er hatte einen anderen Zielpunkt auf der Brücke, es war eine relativ lange Brücke, und der Pilot glaubte, er hätte immer noch seinen Auftrag zu erfüllen, und kehrte um. Er richtete seinen Zielpunkt auf das andere Ende der Brücke, woher der Zug gekommen war, als die Bombe näher kam, war die Brücke mit Rauch und Wolken bedeckt und wieder in letzter Minute in einem unheimlichen Unfall, war der Zug weiter von dem ursprünglichen Einschlag geglitten und Teile des Zuges hatten sich über die Brücke bewegt, und so, indem er das andere Ende der Brücke traf, verursachte er tatsächlich zusätzlichen Schaden am Zug.

 


Soweit Clark. Tatsächlich war für den Abschuss jedoch ein mitfliegender Waffenoffizier zuständig. Clark hatte die mitgeschnittenen Videos aus den Bombenköpfen im Zeitraffer etwa dreimal scheller vorgeführt als in Echtzeit. So schien der Zug überraschend schnell aufzutauchen. Dass der Pilot vom überflogenen Gelände doch etwas mehr sieht, als einen etwa 13 cm großen Bildschirm, überging Clark ebenfalls.

    Die Medien berichteten später, Clark habe den Sachverhalt »nicht ganz korrekt« wiedergegeben.

 
 
Der Konvoi-Zwischenfall bei Djakovica

Eines der größten Massaker dieses Krieges wurde unter einer Gruppe rückkehrwilliger Kosovo-Albaner angerichtet, die von der mazedonischen Grenze kommend und von serbischen Polizisten gegen UCK-Attacken geschützt heim in ihre Dörfer wollten. Fünfundsiebzig dieser Menschen wurden am 14. April 1999 bei einem NATO-Angriff auf diese Kolonne zerfetzt. Einer der wenigen, die dieses Massaker überlebten, erklärte später in einem Interview: »Es gab keinen Grund für einen Angriff. Es war keine Militärkolonne. Es gab nur ein Dutzend serbische Polizisten, die uns sagten, sie schützten uns vor möglichen Übergriffen der UCK-Leute, die uns Rückkehrer als albanische Verräter betrachten.«

 
 

Die jugoslawische Armee hat am 14. April folgendes Funkgespräch der NATO aufgezeichnet:

Pilot: Ich verlasse jetzt die Wolken. Ich sehe immer noch nichts.
Basis: Setzen Sie Ihren Flug fort. Richtung Nord 4280.
Pilot: Ich bin unter 3000 Fuß. Unter mir eine Kolonne von Fahrzeugen. Eine Art von Traktoren. Was soll das? Ich verlange Instruktionen.
Basis: Wo sind die Panzer?
Pilot: Ich sehe Traktoren. Ich nehme nicht an, daß die Roten die Panzer als Traktoren getarnt haben.
Basis: Was sind das für komische Geschichten? So ein Ärger! Da stecken sicher die Serben dahinter. Zerstören Sie das Ziel!
Pilot: Was soll ich zerstören? Traktoren? Gewöhnliche Fahrzeuge? Ich wiederhole: Ich sehe keine Panzer. Ich verlange weitere Informationen.
Basis: Es ist ein militärisches Ziel. Zerstören Sie das Ziel! Ich wiederhole: Zerstören Sie das Ziel!


Aus dem Videofilm des belgischen Journalisten und Balkanexperten
Michel Collon Unter den Bomben der NATO. 15 Belgier in Jugoslawien
deutsche Übersetzung aus dem Französischen

 


Die Angabe der Flughöhe mit 3000 Fuß (etwa 1000 Meter) stimmt nicht mit der Darstellung der NATO überein:

 
 

Am 15. April bestätigten zwei Sprecher der NATO, Brigadegeneral Giuseppe Marani und Dr. James Shea, daß die Flughöhe der Flugzeuge, die den Konvoi angriffen, 15.000 Fuß oder etwa 5.000 Meter betrug. Dies ist ein Punkt der höher ist als die obere Decke der Kumuliwolken und höher als der höchste Berg in Europa westlich des Urals. Am 19. April bestätigte Brigadegeneral Daniel P. Leaf von der NATO, daß kein Flugzeug während der Angriffe auf niedrigere Flughöhen abstieg. Da die jugoslawische Luftabwehr keine Ziele, die höher als 13.000 Fuß liegen erreichen kann, ist es wahrscheinlich, daß die Wahl der Flughöhe durch die NATO danach berechnet war, um eine Bedrohung durch diese Abwehr zu vermeiden.

 

 
 
Angriffe auf Fabriken in Pancevo

Pancevo auf dem nördlichen Ufer der Donau ist ein Haupindustriezentrum Jugoslawiens. Es liegt ungefähr 15 km von Belgrad entfernt und hat 120.000 Einwohner. Seine chemischen Fabriken haben zwei Hauptangriffe der NATO erlitten.

    Beim ersten Angriff wurde der petrochemische Komplex der Firma HIP Petrohemija Pancevo massiv bombardiert. Einrichtungen und Ausrüstung der Vinylchlorid-Monomer-Anlage und der Ethylen-Anlage wurden direkt getroffen. Explosionen in der Nähe beschädigten die Chloralkali-Anlage und die Polyvinylchlorid-Anlage und Gebäude innerhalb des Komplexes sowie eine große Zahl von zivilen Häusern und Wohnungen in der Umgebung.

 
 

Infolge eines durch die Bombardierung ausgelösten Feuers erfolgte ein Ausfluß großer Mengen toxischer Substanzen wie Chlorid, Ethylendichlorid und Vinylchlorid. In derselben Nacht traf die NATO auch die Amoniak- und Stromversorgungsabteilungen der HIP Azotara Düngemittelgesellschaft und zertstörte auch sie vollständig. Bei einem zweiten Angriff führte die NATO am 18. April 1999 um 1 Uhr schwere Luftangriffe gegen Fabriken auf demselben Industriekomplex in Pancevo durch. Die NPK-Düngemittelanlage wurde getroffen sowie die petrochemischen und Raffinerieeinrichtungen, wobei schwere Schäden an allen diesen Fabriken verursacht wurden. Als Folge davon entstand ein schweres Umweltproblem durch Austritt von Chlorid, von verdampfter Hydrochloridsäure und von Phosphat in die Atmosphäre sowie durch einen 20 km langen Ölteppich auf der Donau. Mindestens 50 Einwohner von Pancevo wurden als an Phosphatvergiftung leidend gemeldet. Wahrscheinlich am meisten Besorgnis erregend war der durch die Bombardierung verursachte Austritt von hoch krebserregendem Vinylchlorid-Monomer (VCM). Messungen von VCM-Konzentrationen vier Stunden nach dem Angriff und in 3 km Entfernung von der Örtlichkeit ergaben 0,36 mg/m3 und an einer anderen Stelle 0,53 mg/m3 (das 7200fache bzw. 10.600fache des empfohlenen Höchstwertes).

 


Die ausschließlich zivile Natur dieser Anlagen ist eindeutig nachgewiesen. Die folgende Zeugenaussage stammt von Dr. Dusan V. Subotic, der vom 1. Mai 1991 bis 1995 bei HIP Petrohemija arbeitete und die Anlage daher sehr gut kennt:

 
 

Als ehemaliger Angestellter des Jugoslawischen Petrochemischen Komplexes in Pancevo kann ich versichern, daß diese chemische Anlage kein militärischer Komplex war oder irgendwelche Voraussetzungen besaß, um irgendwelche Chemikalien, Substanzen oder Vorprodukte für eine militärische Verwendung zu produzieren.

   Ich war als leitender Forschungswissenschaftler beim Petrochemischen Komplex (HIP-Petrohemija Pancevo) tätig und ich weiß sehr genau, was zu produzieren der Komplex in der Lage war.


persönliche Mitteilung, 30. April 1999

 
 
 
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